Samstag, 26. Mai 2007

die diktatur der angepassten

wenn ich tagtäglich so durch das leben schlendere, fällt mir immer wieder auf, was für ein scheiss angepasstes volk wir doch sind und wie spiessig monoton die meisten menschen ihr leben führen. ich bin mir nicht ganz sicher, ob das an unserem land liegt oder am menschen an sich, doch vermutlich spielt das gar keine rolle. ich frage mich zur zeit ständig, wer eigentlich die regeln für unser leben aufgestellt hat und warum man sich ständig rechtfertigen muss, wenn man sich diesen regeln eben nicht beugt und sein leben so führt, wie man es selber für richtig hält, auch wenn es manchmal etwas ungewöhnlich scheint. nein nein, ich bin wahrlich kein rebell und lebe mein leben vermutlich angepasster als ich es mir selber gerne eingestehen mag, doch sind es diese häufig auftretenden kleinigkeiten, die mein leben und die gesellschaft oft nicht kompatibel machen.

warum wird einem ein schlechtes gewissen eingeredet, wenn man den ganzen tag im bett verbringt und wenn das wetter noch so schön ist? steht irgendwo geschrieben, dass man abends rechtzeitig ins bett gehen muss, um vom folgetag möglichst viel zu erleben, wenn man nachtaktiv ist und froh, seine mitmenschen nicht sehen zu müssen? warum schauen einen die menschen so abfällig an, wenn man bei sommerwetter die nacht lieber im schlafsack in irgendeinem park oder auf der flußmauer verbringt als in seinem bett?

was ist schlimm daran, wenn man nicht ans telefon gehen mag, weil man sich nicht stören lassen will, wenn man mit seiner liebsten etwas leckeres isst? warum verbietet mir der staat, pflanzen zu rauchen, die ich selber großgezogen habe, während es an jeder ecke alkohol zu kaufen gibt, der nachweislich psychisch und physisch abhängig und krank macht? warum muss ich mich rechtfertigen, nur weil es mir völlig scheissegal ist, ob der 1. fc nürnberg heute abend pokalsieger wird oder nicht. warum muss ich mich überhaupt rechtfertigen, weil für mich fußball die langweiligste sportart überhaupt ist und ich mit den dummgesoffenen, gewaltbereiten fußballfans einfach nichts anfangen kann?

was bitte ist so ungewöhnlich daran, dass ich kein mitglied in einem verein bin, an fasching nicht lachen kann und bei diesen dörflichen gemeindefesten nicht fremde frauenschenkel begrabsche und besoffen unter den tisch kotze? warum sind es genau diese menschen, die müde darüber lächeln, dass ich gerne janosch-bücher lese, petterson und findus für mich wahre helden sind und ich sonntäglich liebend gerne die sendung mit der maus schaue?

verpasse ich jetzt den anschluss, weil ich keine ambitionen habe, ein start-up-unternehmen zu gründen, mein geld tagtäglich zu vermehren und mich von den venture capitalists und den banken abhängig und erpressbar zu machen? weil ich statt dessen seit fast dreizehn jahren den selben job mache und diesen auch noch gerne? weil ich meine abende und wochenenden nicht für vorträge, fortbildungen und seminare nutze sondern viel lieber mit meiner kleinen etwas koche, spazieren oder fahrrad fahren gehe?

warum schaut ihr mich an den roten ampeln so verächtlich an, wenn ich im auto sitze, die fenster heruntergekurbelt habe und aus vollem halse die musik mitsinge, die ohrenbetäubend aus meinen boxen schallt, statt griesgrämig in der nase zu bohren wie ihr? und warum verflucht noch mal zeigt ihr mir den vogel oder die lichthupe, wenn ich euch mit 220 km/h auf der autobahn überhole, wenn doch keine geschwindigkeitsbegrenzung angezeigt ist?

wird in meinem führungszeugnis stehen, dass ich weder wetten dass schaue, noch weiss, wer deutschlands neuer superstar ist, geschweige denn wer das neueste top-model sein wird? wird gar drin stehen, dass ich ohne die rollos runter zu lassen so gerne in meiner wohnung nackt auf die neue platte von muff potter tanze? was soll ich denn jeden sonntag in der kirche, wenn ich in diesem verein gar kein mitglied bin und viel lieber ausschlafe? warum in aller welt sollte jedes wochenende pünktlich um 12.00 uhr mittags der sauerbraten auf dem tisch stehen, wenn ich frühestens um 16.00 uhr hunger bekomme und dann viel lieber eine pizza im bett esse?

wo bitte steht geschrieben, dass man sex nur im dunklen schlafzimmer haben darf, wenn einen die lust in der freien natur unter sternklarem himmel überkommt? und warum gehöre ich nicht zu den starken jungs, nur weil ich nicht jedem zweiten mädchen hinterher pfeife und auch noch öffentlich zugebe, dass mich diese amseln frauen überhaupt nicht interessieren, weil ich die hübscheste frau der welt zur freundin habe und diese auch noch über alles liebe?

liebe mitmenschen, lebt euer leben wie ihr möchtet. geniesst eure stammtische, verpügelt eure frauen wenn ihr wieder sternhagelvoll seid. bittet allsonntäglich um vergebung, wenn ihr in der ersten reihe vor euerm pfarrer sitzt, der so gerne die kleinen buben anfasst. hängt euer bettzeug zum lüften schön ordentlich aus dem fenster und vergesst bloß nicht, die gartenzwerge in euerm frisch gemähten vorgarten zu polieren. lasst eure partner bloß zu hause, wenn ihr mit euern freunden mal wieder richtig die sau raus lassen und euch ins koma saufen wollt – es könnte sonst peinlich für euch und eure aufgerissene beute werden. schimpft lauthals gegen die ausländer in euerm land, die euch genau die arbeitsplätze wegnehmen, für die ihr euch schon lange zu schade seid. vergesst nicht, an die junge kassiererin vom rewe-markt zu denken, wenn ihr eure frau vögelt, aber bloß niemals während der mittagsruhe von 12.00 – 15.00 uhr. denkt dran, euer auto zu waschen, natürlich samstags und genau dann, wenn es die nachbarn sehen können.

ich habe mich nie in euer leben eingemischt und mir schon gar nicht das recht herausgenommen, euch zu sagen, was ihr zu tun und zu lassen habt. lebt euer leben so, wie ihr es für richtig haltet und dabei glücklich werdet. doch bitte behandelt mich ebenso. manchmal frage ich mich, wer von uns sein leben eigentlich wirklich ungewöhnlich führt.
andiberlin - 27. Mai, 06:24

Achja, Du sprichst mir aus der Seele.
Zu viele Leute können einige meiner Entscheidungen und mein Leben nicht so recht verstehen weil sie nicht in ihr Weltbild passen.
Unter anderem erntete ich fast überall großes Kofschütteln und Unverständnis weil ich freiwillig auf mein Auto verzichtete und es verkaufte um seitdem mit Rad und dem ÖPNV unterwegs zu sein.

Auch das ich mich fast ganz dem Alkohol verweigere gefällt vielen nicht, oder das ich nicht jedes Jahr einmal in den Urlaub fahre und mich stattdessen lieber hier in der Stadt amüsiere. Das sind nur einige wenige Beispiele von vielen weswegen man mich immer komisch anschaut. Ich bin es leid mich dafür immer zu rechtfertigen.
Warum können die Leute nicht akzeptieren das man anders denkt und handelt als man selbst?

Kesro (Gast) - 27. Mai, 11:06

Hmmm... Liegt das an Bayern oder warum musst du dich die ganze Zeit rechtfertigen? Und vor allem vor wem? Ich kann machen, was ich will und da sind schon einige von den von dir angesprochenen Sachen dabei. Mich fragt keiner warum oder sagt mir, dass ich es anders machen soll!

bloggediblog (Gast) - 27. Mai, 14:22

wer zwingt dich denn, dich zu rechtfertigen? Lass es! Leb dein Leben, wie du es für richtig hältst, scheiß drauf was der rest erzählt!
aufstehen am nachmittag, mach ich auch ... nen job zu haben ist super, wenn der einem auch noch spaß macht, was sollte man denn mehr wollen? telefone kann man sehr gut auch mal ganz aus der dose ziehen, selten gibt es was, das nicht auch noch paar stuunden warten kann.
fußball muss einen nicht interessieren, andere ignorieren dafür eishockey ... im auto sitzend laut mitsingen find ich ziemlich normal ... macht das nich jeder?
und wenn jemand der meinung ist, er müsse jeden sonntag in die kirche gehen, auf der suche nach gott und erlösung, obwohl er beides meiner meinung nach dort zuallerletzt findet, dann soll er das tun, aber den rest der welt doch damit bitte in ruhe lassen.

leb dein leben wie du magst, es ist ja deines ;)

Kerze - 27. Mai, 19:09

Sie werden mir immer wieder sympathischer.

konner - 27. Mai, 19:52

Nachdem ich mir den Text mehrere Male durchgelesen habe, kann ich mir einfach einen Kommentar nicht länger verkneifen.
Als schlimm empfinde ich nicht etwa das „Spießertum“, also diejenigen die sich gesellschaftlich einordnen und anpassen (manchmal aus Verantwortung aber auch müssen - wenn ein Kind geboren wird beispielsweise), sondern die oft dargelegte Intoleranz des selbigen. Mein Motto könnte sogar lauten: Intoleranz gegen Intoleranz, was, wie schon ersichtlich, alles andere als tolerant ist...^^
Ich glaube dafür, dass sich so viele Menschen an lauter Musik, anderen Lebensstilen etc stören, habe ich auch keine Erklärung, lediglich einige Gedanken, die ich hier mal „lose“ in den Raum werfe.
Zum einen wird dies wohl auf Unverständnis der „alten“ Generation gegenüber der Kultur der „jungen“ fußen, zum anderen bestimmt auch irgendwie auf Neid auf ein anderes Wesen, dass zu leben scheint und sich noch nicht der Beherrschung des Ichs unterworfen hat, um nicht weiter aufzufallen, um sich nahtlos ins „große Ganze“ einfügen zu können...
Weiterhin schiebe ich die „Schuld“ für diesen Missstand der Intoleranz, der sterilen, akkuraten, gewinnorientierten und unmenschlich kalten Wirtschaft zu, in der nur die wirklich erfolg haben, die am effizientesten „funktionieren“...ich beende mal meine Argumente an dieser Stelle, sonst folgt ein Essay...

Herr Axel, ich kann nachvollziehen wie es Ihnen gegangen ist, als sie diesen Text formuliert haben und ich fische nach den richtigen Worten, aber finde irgendwie den Punkt nicht. Es folgt nun eine abgedroschene Pseudo-Lebensweisheit: Bleiben Sie so wie Sie sind! Es gibt genügend Menschen, die sich nicht an Ihnen stören, sondern Sie sehr schätzen. (Ich gehöre mittlerweile auch dazu J ) Stören Sie sich nicht an dem stumpfen Gemecker von stumpfen, langweiligen, eingegliederten Persönlichkeiten. Für diese Leute hab ich noch ein tolles Zitat parat, mit dem ich schon Ihren G8-Text kommentieren wollte: „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ (Benjamin Franklin).
Das wars erst mal von meiner Seite, verzeihen Sie mir den langen Kommentar... :)

Hilli (Gast) - 28. Mai, 01:38

rebell yell ;o)

oh herr axel, wie geil sich das liest. ich hab richtig innerlich mitgebrüllt! du hast sooooo recht und spornst mich damit noch mehr an! lass uns "rebellieren" du spricht auch so viele punkte an, die ich meine, wenn ich schreibe, dass ich die fäden abgerissen habe! ich hab genauso die schnauze voll, will meine ruhe und so oft es geht das tun, wonach ich mich fühle! lass uns darauf sch*** was die anderen denken!!!!! auf ins leben...

Knurrunkulus (Gast) - 28. Mai, 23:30

Herr Axel. Schön geschrieben, aber das ist ja nix Neues.

Und bloß nicht ins Leben reinreden lassen. Jeder sollte sich sein Maß an Individualität bewahren, und solange er damit anderen Menschen nicht ständig das Leben schwer macht ist das ja auch alles in Ordnung. Zum Beispiel die Dinge, die du da so schreibst. Da bin ich eventuell nicht in jedem Punkt deiner Meinung, kann aber trotzdem nichts Verwerfliches dran finden. Trotzdem kann ich nicht umhin, der Meinung zu sein, dass die letzten beiden Absätze doch ein wenig zu polemisch für mich sind.

Und wenn das zum Beispiel einige Kumpels von mir lesen würden, die in naher Zukunft den Beruf des Predigers antreten, dann könnte ich es verstehen wenn sie sich verletzt fühlen würden. Denn einige deiner Verallgemeinerungen sind schon recht hart.

Und: Man kann auch Christ sein und trotzdem nackt tanzen. ;)

crosa (Gast) - 29. Mai, 09:30

tut gut das zu lesen. macht einem hoffnung dass es noch normale menschen gibt und nicht nur angepasste bildzeitungslesende fussballzombies :)

Grinsekatze (Gast) - 29. Mai, 15:09

Hm, das heißt ich bin ein ziemlich fürchterlicher Mensch. Ich schlafe nicht gerne im Schlafsack und schon gar nicht unter freiem Himmel. Mein Bett jedoch liebe ich, sogar wenn draußen die Sterne lächeln. Ich rauche nicht (gar nichts), trinke kaum und schlafe regelmäßig. Ich bin so angepasst. Ich bin Katholisch und zahle sogar noch für diesen Verein. Mein Gott wie spießig. Fußball finde ich langweilig, Eishockey noch viel schlimmer. Ich mag das Dorffest in meinem kleinen Heimatkaff. Gerade weil dort nicht alle besoffen sind und mich noch nie jemand angegrabscht hat. Es hat vielmehr etwas mit Heimat zu tun. 220 km/h würde ich nicht fahren, dann fühle ich mich nicht mehr sicher in meinem Auto. Bin ich deswegen langweilig? Ich kenn muff potter nicht mal, dafür weiß ich wer neuer Superstar ist. Wenn es sich vermeiden lässt würde ich keine Pizza im Bett essen. Abends Studiere ich, da ich das Gefühl hatte mein Geist verkümmert.

Und bin ich jetzt spießig, langweilig, schrecklich verstockt und überhaupt kein Mensch der sein Leben so lebt wie er will? Nein - ich bin nur anders als Du. Aber genauso individuell.

Wer nicht will das über sein Leben geurteilt wird, sollte auch nicht über das Leben anderer Leute urteilen.

konner - 29. Mai, 15:47

Herr Axel hat sich lediglich Luft gemacht und war wahrscheinlich ziemlich angefressen, als er den Text verfasst hat. Er sagt nicht, dass die angesprochenen Leute langweilig sind, sondern in seinen Augen eintönig leben. Ich erkenne da nirgends persönliche Anfeindungen, höchstens eine mit einem Lebensstil, mit dem sich Herr Axel nicht identifizieren kann.
Persönlich angreifen wollte er sicherlich niemanden Grinsekatze. Herr Axel verurteilt nicht, er hat lediglich Stellung bezogen.
Grinsekatze (Gast) - 29. Mai, 17:07

Lieber Konner, ich fühle mich nicht persönlich angegriffen. Aber scheinbar fühlte sich Herr Axel so als er das geschrieben hat. Und da sind wir uns ja scheinbar einig. Er fühlte seinen Lebensstiel angegriffen und greift dabei gleichzeitig einen anderen Lebensstiel an. Außerdem kann ich es nicht mehr hören das ständig alle vermelden müssen wie unglaublich individuell ihr Leben doch ist. Nicht das ihr mich falsch versteht ich mag und schätze Herrn Axel, aber langsam ist es doch schon trendy zu sagen wie Besonders man ist. Das man auf Kinderfilme steht, Abends noch ein Eis im Bett schleckt und Sonntags am liebsten mit einem Game Boy im Bett bleibt. Was sind wir alle Individuell. :) Und das ist doch auch gut so, stell Dir mal vor alle wären wie Herr Axel. Dann würde ein besonderer Mensch fehlen...
konner - 29. Mai, 19:53

Liebe Grinsekatze, Sie wollte ich mit meinem Kommentar auch nicht angreifen, ich habe lediglich versucht zu schlichten oder einen gediegeneren Ton anzuschlagen (was aber scheinbar gar nicht nötig war).
Vielleicht ist ein Lebensstil als solcher nicht individuell, bzw. einzigartig, aber der Geist (also die Seele der Person) dahinter ist es ganz bestimmt.
Herr Axel hat ja nicht den Anspruch der Einzige mit einem solchen Lebensstil zu sein, er grenzt sich nur von dem Teil der Gesellschaft ab, aus dem ihm gegenüber Kritik entgegengebracht wird und mit dem er sich nicht identifizieren kann.
Grinsekatze, ich wollte Ihnen vorhin wirklich nicht ans Bein fahren, ich entschuldige mich, falls es so rübergekommen ist. In diesem Sinne: Peace und nix für ungut! :)
schoko-bella (Gast) - 4. Juni, 21:56

geil! das sind texte wie ich sie liebe. *grins*
nur nicht aufhören, geben sie alles herr axel.


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