Dienstag, 27. Februar 2007

richtigstellung

nachdem mich in meinem freundeskreis und auch in der bloggerwelt immer mehr menschen darauf ansprechen, wie ich um himmels willen mit den terroristen der ehemaligen roten armee fraktion (raf) sympathisieren könne, ist es hier und jetzt an der zeit, etwas richtig zu stellen.

ich habe zu keinem zeitpunkt geäußert, dass ich mich mit den zielen und vor allem der form der realisierung dieser ziele der raf solidarisiere. ich gebe gerne zu, dass mein welt- und mein gesellschaftsbild in manchen teilen gar nicht so weit entfernt ist von der vision der raf, die sich später wohl eher als utopie herausstellen sollte. stichworte: verlogenheit des monokapitalismus und die daraus folgernden ungerechtigkeiten, rettung des erkenntnisstandes der 68er-bewegung, menschenwürdiges und selbstbestimmtes leben statt großdeutscher und westeuropäischer pläne zur unterwerfung und ausbeutung, aufbau einer neuen sozialen und kulturellen realität statt einer autoritären gesellschaftsform.

alle meine leser, die nun argumentieren, dass terrorismus nie eine art und weise sein darf, sich mit der gesellschaft und dem system zu konfrontieren, seien an dieser stelle daran erinnert, dass es zum beispiel die terroristische irgun-bewegung war, die half, israels unabhängigkeit zu sichern. das selbe gilt für die ira der 1920er jahre, die die unabhängigkeit für fast ganz irland brachte. fest steht aber auch, dass terrorismus nur dann erfolgreich sein kann, wenn er ein teil eines feldzugs für ein ziel ist, das von der mehrheit der menschen unterstützt wird. da jedoch die gründe für den terrorismus der raf stets soweit von den zielen der menschen entfernt waren, hatte er nie eine chance auf erfolg gehabt.

doch ich möchte mich hier ausdrücklich nicht zu sehr auf die seite der raf stellen, sondern nur am rande bemerken, dass es notwendig ist, sich in einem system, auch wenn es sich demokratie nennt, nicht automatisch alles gefallen lassen zu dürfen und widerstand oft wichtig und notwendig ist und dieser widerstand gegen die obrigkeit manchmal einfach wehtun muss.

doch mir geht es vielmehr um den umstand, dass sich ein land empört, wie es sein kann, dass strafgefangene der ehemaligen raf vorzeitig auf bewährung aus der haft entlassen werden oder gar auf begnadigung hoffen dürfen. dies ist ja gerade bei zwei einst besonders fanatischen köpfen der raf der fall: brigitte monhaupt und christian klar. und hier wird ein ungerechtes spiel gespielt. es darf nicht sein, dass das tötungsmotiv bei der tat eines mörders eine rolle spielen darf wenn es um die haftentlassung geht. wo bleiben hier das rechtstaatsprinzip und der gleichheitsgrundsatz? sexualstraftäter haben in diesem unseren lande nur seltenst mit einer lebenslänglichen strafe zu rechnen, da das strafmaß nicht so hoch angesiedelt ist wie das ziel der bewaffneten schwächung des staates bundesrepublik deutschland, was in den augen der justiz als besonders verwerflich gilt. für sexualtäter bedient man sich des kunstgriffs „sicherheitsverwahrung“. wer bitte legitimiert die auffassung, dass der mord an einem funktionär oder einem politiker grausamer und damit anders und härter zu bestrafen ist als der mord an einem kleinen kind, einem ausländer oder einem obdachlosen?

fazit: die blutigen taten der raf sind mit keinem wort und mit keiner silbe rechtzufertigen, geschweige denn gut zu heissen. ein rächerstaat statt eines rechtstaates jedoch genauso wenig.
Tanja (Gast) - 27. Februar, 20:25

Also was das Strafmaß für Sexualstraftäter und dessen Ungleichgewicht zu anderen Straftaten angeht, muß ich Dir uneingeschränkt Recht geben.
Allerdings sollte im Umkehrschluß nicht das Strafmaß für Mörder hinabgesetzt, sondern das Strafmaß für Sexualstraftäter hochgesetzt werden.
Meiner Meinung nach hat kein Mörder das Recht auf frühzeitige Haftentlassung, ganz egal, aus welchem Grund der Mord begangen worden ist.
Dies sollte genauso auch Sexualstraftäter gelten.

Es kann und darf eigentlich nicht sein, daß man für Steuerhinterziehung bald schärfer bestraft wird, als für Vergewaltigung, Kindesschändung oder Mord.

christina (Gast) - 27. Februar, 22:58

kann ich so unterschreiben!
herr axel (Gast) - 27. Februar, 23:29

das sehe ich nicht ganz so. jeder mensch sollte die chance bekommen, sich wieder in sein zivilisiertes leben einfügen zu dürfen. und ich denke, über zwanzig jahre seines lebens im knast zu verbringen sollte reichen, sich über seine sünde im klaren zu sein und eine neue chance auf wiedereingliederung zu erhalten. ich bin sowieso kein freund davon, dass wildfremde menschen über die zukunft eines anderen entscheiden, doch wenigstens die chance auf ein normales rechtliches leben sollte jedem menschen gewährt werden. und vor allem: es sollten vor dem richter und dem staatsanwalt alle menschen gleich behandelt werden. hier klaffen theorie und praxis in unserem lande leider weit auseinander.
SWRD (Gast) - 27. Februar, 21:36

Ich gründe jetzt die SDR-Partei! Macht jemand mit? (Sex, Dr*gs & Rock 'n Roll) :-)

herr axel (Gast) - 27. Februar, 23:31

ach herrje, drei dinge, die einem das leben so oft so leicht aber so oft auch so schwer machen. ich bin mir nicht so sicher, ob unsere ideale in der politik wirklich so gut aufgehoben wären.
SWRD (Gast) - 28. Februar, 08:23

Nein, das wären sie sicherlich nicht, aber dem einen oder anderen Politiker würde es den Stock im Hintern etwas weicher und formbarer machen ;-)
Kerze - 28. Februar, 00:06

Sehr gut gesagt, und ich kann mich dir nur anschließen.

Ich empfehle dir auch den Film "Das Phantom", in dem es um die angebliche "3 Generation" der RAF geht.

herr axel (Gast) - 28. Februar, 19:45

freut mich, dass ich hier ein wenig klarheit reinbringen konnte. vielen dank für den filmtipp. habe noch gar nichts gehört von dem film, obwohl ich doch über die raf schon so gut wie alles gelesen und gesehen habe. wobei – über die dritte gerneration in der tat noch nicht. werde ich mir reinziehen, super!
to_india (Gast) - 28. Februar, 06:46

also im weitesten kann ich mich ihnen da anschliessen herr axel, nur in einem punkt irgendwie nicht ganz so recht.

"es darf nicht sein, dass das tötungsmotiv bei der tat eines mörders eine rolle spielen darf wenn es um die haftentlassung geht."

das sehe ich anders. also einerseits denke ich, dass es im falle der raf leute keine rolle spielt. aber allgemein kann man das so nicht sagen. wenn ein tatmotiv vorlag, welches die wahrscheinlichkeit einer wiederholung der tat nahelegt, dann finde ich es sehr wohl gerechtfertigt zumindest auf eine frühere haftentlassung zu verzichten. ein anderes mittel hat man da ja nun nicht. dabei geht es dann ja auch eher um verbrechensprävention als um strafe für die bereits begangene tat.
wie sie bereits erwähnten wird dies ja in manchen fallen dann durch möglichkeiten wie sicherheitsverwahrung praktiziert. was aber in genau diesen fällen vermutlich nicht nötig wäre, würde man die entsprechenden personen zu ihrer eigenen sicherheit schlicht einer gewissen sache berauben. eine radikale einstellung zu diesem thema, ja. aber unter umständen würde es diesen menschen sogar so besser gehen. lebenslang verwahrt zu sein und trotzdem gedanken an neue taten im kopf ist mit sicherheit quälender als der grundlage für diese taten beraubt zu sein. so, aber nun schluss damit, denn das ist ja eigentlich nicht das thema hier.
ich frage mich immer, wie ich gehandelt hätte, wäre ich damals dabei gewesen. ich möchte nicht aussschliessen, dass ich durchaus mit diesen menschen sympathisiert hätte. aber das ist im nachhinein schwer zu sagen, weil die zur beurteilung bestehende gesamtsituation einfach eine ganz andere ist.

herr axel (Gast) - 28. Februar, 19:49

meiner meinung nach sollte über eine vorzeitige entlassung genau dann entschieden werden, wenn festesteht, ob eine wiederholung der tat als möglich oder eben als ausgeschlossen gilt. in sachen raf ist eine wiederholungstat wohl gänzlich ausgeschlossen. was deine idee mit der bestrafung von sexualverbrechern angeht, so bin ich ein wenig zwiespältig, da das doch sehr in richtung folter geht, die ich abgrundtief verabscheue. die frage nach meinem verhalten in den zeiten des deutschen herbstes stelle ich mir auch oft und kann sie bis heute nicht wirklich beantworten. doch meine ich, dass die bestehende gesamtsituation sich in unserem land nicht wirklich verändert hat.
bloggediblog (Gast) - 28. Februar, 12:21

Die Entscheidung die die Richter zu treffen hatten, war die, ob es eine Gefährdung der Allgemeinheit darstellt, wenn man Frau Mohnhaupt jetzt, nach absitzen der ihr auferlegten Mindeststrafe (24 Jahre) auf Bewährung entlässt, oder nicht ... und sie entschieden, dass von ihr keine Gefahr mehr ausgeht.
Ob sie bereut oder nicht, spielt für diese Entscheidung (leider) keine Rolle ... auch das Motiv der Tat ist nicht ausschlaggebend (für die entscheidung zur Haftentlassung). Und so hat der verurteilte Sexualstraftäter das selbe recht zur Prüfung auf vorzeitige Haftentlassung, wie der Vater der den Mörder seiner Tochter tötet ... ob das nun gut ist, oder nicht, weiß ich nicht, aber vor dem Gesetz sind (sollten sein) alle gleich und das find ich mit Sicherheit gut !

was die RAF angeht ... manchmal scheint es notwendig das bestehende System mit Gewalt zu ändern (sogar das Grundgesetz sieht eine solche Handlungsweise zum Schutz des selbigen vor (Artikel 20, Absatz 4)) und in manchen Fällen hatte dies auch Erfolg, aber erstens besteht ein Unterschied zwischen einem Bürgerkrieg, der anfangs mit terroristischen Mitteln geführt wird, und dem reinen Terror, der nicht im Interresse einer Mehrheit der Bevölkerung agiert ... und zum anderen gibt es immer andere Mittel - Indien ist auch unabhängig (von Großbritanien), ganz (nahezu) ohne dass von Seiten der "Rebellen" zu terroristischen Mitteln gegriffen wurde.

herr axel (Gast) - 28. Februar, 19:51

ich denke nicht, dass reue die entscheidung über eine entlassung nach der festgesetzten mindeststrafe wirklich beeinflussen muss. sowohl monhaupt als auch klar haben meiner meinung nach immer noch das gute recht, ihre taten für richtig zu halten. entscheidend ist, ob eine wiederholungstat ausgeschlossen werden kann. natürlich halte ich terrorismus nicht für die lösung landesinnerer probleme, doch welche mittel hat unser volk denn, dem staat die zähne zu zeigen, ohne dafür in die kriminalität abrutschen zu müssen?
crosa (Gast) - 28. Februar, 14:34

Personen wie der Herr Ackermann, Chef der Deutschen Bank und deren Verhalten schreien gerade zu nach einer Radikalen Grupierung die dem Globalisierungswahn und all den damit verbundenen Problemen einhalt gewährt. Eine solche Gruppe/Bewegung scheint auf längere Sicht nicht vorhanden. Auch die Vorschläge eines Wolfang Schäubles schreien gerade zu nach widerstand. Es scheint diesen Widerstand jedoch nicht zu geben. Die RAF ist allen noch als Widerstand im Hinterkopf. Die große Frage, ist Widerstand ohne Gewalt umsetzbar ? Wo beginnt Anarchie ?

Gesetze sind Gesetze und nur solange sie befolgt werden funktionieren sie in ihrer Gesamtheit. Jakob von Metzeler war ja so ein Grenzfall.

Die Gefahr die von der RAF ausging und das Bild das der Staat von der Gefahr in der Öffentlichkeit gezeigt hat klafft das Auseinander ? Ich bin etwas zu spät gebohren um das rückwirkend beurteilen zu können. Ich sehe jedoch nicht warum bei monhaupt oder klar andere Verhältnisse angewendet werden sollten.

herr axel (Gast) - 28. Februar, 19:57

selbstverständlich ist widerstand ohne gewalt umsetzbar, nus mehr als erfolglos. nichts, aber auch wirklich nichts ändert sich in den köpfen der obrigkeit, wenn ihr volk friedlich auf die strasse geht um zu demonstrieren. und ich bin mir da gar nicht so sicher, ob sich nicht bald wieder eine bewegung ins rollen gerät, wenn weiter solche kranken ideen von schäuble und konsorten auf den tisch kommen und das eigene volk immer mehr zum gläsernen menschen der staatsgewalt wird. auch der friedlichste hund beisst irgendwann zu, wenn er stets getreten wird.
bloggediblog (Gast) - 1. März, 12:08

Gewalt ist immer Ausdruck mangelnder Argumente, mangelnder Überzeugungskraft ...
Das ist so, wenn ein Vater sein Kind ohrfeigt, weils nich hören will und es ist das selbe, wenn man Bomben legt weil die Regierung/Obrigkeit nicht hören will.
Gewalt führt aber nicht zu Respekt und Überzeugung, Gewalt führt zu Angst und Unterdrückung !
In manchen Fällen fliehen die dann Unterdrückten (Bsp. gewonnene Unabhängigkeitskriege) in anderen Fällen wehren sie sich (siehe Irak).
Aber sicher, einen Herrn Ackerman zu überzeugen indem man friedlich auf der Straße demonstriert wird nicht gelingen, das ist ihm schlicht egal, der interessiert sich nur für Macht und Profit ... und genau da kann man was tun ! Warum macht die Deutsche Bank denn immernoch Gewinn, obwohl sich jeder aufregt über ihren Vorstandsvorsitzenden? Weils in Wahrheit fast allen egal ist. Ihr Geld holen sie sich weiter an deren Automaten (ich tu das auch) weils bequemer ist ... und ja, das sind pro abhebung nur cent-beträge, die der Konzern verdient ... aber das ganze 100.000mal ... jeden Tag ... das gibt ne Summe, deren Verlust spürbar wäre ... und dann müsste er was ändern.
In einem Land, dass mehr oder weniger durch Wirtschaftsinteressen gesteuert wird, muss man genau diese zur Gegendemonstration nutzen...
Wenn ein Unternehmen keinen Gewinn mehr macht, weil die Bevölkerung das Unternehmen ablehnt und seine Produkte nicht mehr kauft, dann ist das Unternehmen gezwungen zu handeln, oder es wird untergehen ... (bei mehreren Unternehmen, dessen Produkte keinen Absatz finden, weil die Menschen die Politik des Herkunftslandes ablehnen, dürfte es ähnlich funktionieren ... die Unternehmen üben Druck auf den Staat aus und das hat mehr Einfluss, als 2 Mio Menschen protestierend auf der Straße)
Da liegen Möglichkeiten etwas gewaltfrei zu ändern ... aber es ist den meisten einfach völlig egal!

herr axel (Gast) - 1. März, 17:04

ich denke, gewaltfreier widerstand ist so lange richtig und wichtig, so lange beide seiten gewaltlos agieren. solange es aber der obrigkeit legitimiert ist, mit waffengewalt gegen friedliche demonstanten vorzugehen, ist es nur eine sache der waffengleichheit, dass sich auch das volk mit gewalt gegen die obrigkeit auflehnen darf. ich sage ausdrücklich nicht, dass ich das gutheisse, jedoch ist es in meinen augen manchmal schlichtweg anders nicht möglich. es ist also ganz klar die entscheidende frage, wer hier wen verängstigt und vor allem unterdrückt.

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